Ich beginne selten ein Meeting, ohne sowohl Leistungs- als auch Haltungsziele anzusprechen. Während Leistungsziele den Fokus auf konkrete Ergebnisse legen, bestimmen Haltungsziele die Art und Weise, wie diese erreicht werden. Sie beeinflussen maßgeblich die Teamdynamik und sind ein entscheidender Faktor für den Aufbau von Vertrauen.
Die deutsche Sprache hat für „Haltung“ kein so treffendes Wort wie das Englische „attitude“ oder das Französische „attitude“. In diesen Sprachen umfasst der Begriff sowohl eine innere Geisteshaltung als auch eine äussere Körperhaltung – genau das, worauf unsere Haltungsziele abzielen. Es geht nicht nur um den Weg, sondern um das „Wie“ im Sinne der Werte, der Zusammenarbeit und der zwischenmenschlichen Dynamik.
Haltungsziele werden in vielen Unternehmen, Vereinen oder Teams oft nicht bewusst definiert. Häufig herrscht die Annahme, dass sich eine Unternehmenskultur über die Zeit von selbst entwickelt oder durch stillschweigende Erwartungen geprägt wird. Doch gerade hier entsteht ein Problem: Ohne klare Haltungsziele fehlt eine Orientierung für Verhaltensweisen, die ein Team nachhaltig zum Erfolg führen.
Bei Haltungszielen geht es nicht darum, den Weg zur Zielerreichung zu definieren – das übernehmen Strategien und Pläne. Vielmehr legen Haltungsziele fest, mit welcher Einstellung und welchen Werten dieser Weg beschritten wird. Sie beantworten die Frage: „Wie wollen wir miteinander arbeiten, um unsere Ziele zu erreichen?“ Diese Unterscheidung ist von grosser Bedeutung. Während Strategien flexibel angepasst werden können, bieten Haltungsziele eine beständige Grundlage für Vertrauen und Zusammenarbeit.
Sind Haltungsziele nicht einfach ein anderes Wort für Unternehmenskultur? Im Grunde ja, denn beide Begriffe verfolgen dasselbe Ziel – aber nur, wenn eine klare Unternehmenskultur existiert und deren Werte explizit formuliert wurden. Gerade in jungen Unternehmen, Projektteams oder Sportmannschaften ist das oft nicht der Fall. Hier kann die bewusste Gestaltung von Haltungszielen einen erheblichen Unterschied machen. Sie helfen, Missverständnisse zu vermeiden und tragen massgeblich zum Erfolg bei.
Haltungsziele müssen nicht in jedem Detail formuliert werden. Oft reichen ein oder zwei prägnante Werte, die die Gesamtgesinnung des Teams prägen und als Leitlinie für das Verhalten dienen.
Ein eindrucksvolles Beispiel für ein erfolgreich definiertes Haltungsziel ist die Leichtathletik-EM 2014 in Zürich, deren CEO ich sein durfte. Schon in der Bewerbungsphase wurde festgelegt, dass die grundlegende „Attitude“ dieses Events „Zusammen – Insieme – Ensemble“ lauten sollte. Dieses Prinzip war nicht nur eine leere Floskel, sondern eine bewusste Entscheidung, die sich in allen Bereichen widerspiegelte.
Was bedeutete das konkret?
Das Ergebnis: Eine hohe Zufriedenheit bei allen Beteiligten und ein nachhaltiger Erfolg der Veranstaltung. Die Schweiz hat sich zu einem Leichtathletik-Land entwickelt und gehört leistungsmässig zu den Top-8-Nationen in Europa. Bezüglich der prozentualen Anzahl Jugendlicher, die mindestens einen Leichtathletik-Wettkampf pro Jahr bestreiten, zählt die Schweiz sogar zu den Top-3-Ländern in Europa.
Diese Entwicklung ist das Resultat jahrelanger Aufbauarbeit und einer konsequent gelebten Haltung, die auf Zusammenarbeit und gegenseitiger Wertschätzung basiert. Die Leichtathletik-EM 2014 in Zürich hat gezeigt, wie ein klar definiertes Haltungsziel den Erfolg einer Grossveranstaltung massgeblich beeinflussen kann.
Tätigkeiten in der Leichtathletik hatte ich ab 1991 mehrfach die Gelegenheit, das Nike-Hauptquartier bei Beaverton im US-Bundesstaat Oregon zu besuchen. Als ich dort herumlief, spürte ich wie die Nike-Mitarbeitenden “Just Do It” als Haltungsziel verinnerlicht hatten. Die Dynamik, das Tempo und die Entscheidungsfreude des Slogans waren in jeder Sitzung präsent. Am Ende jeder Besprechung verabschiedeten sich alle mit “Just do it” oder “Let’s do it now”. Dieses «inoffizielle» Haltungsziel wurde dann auch von den Sportlerinnen und Sportlern übernommen. Ich habe in den 25 Jahren zwischen 1991 und 2016 zahlreiche Spitzenathleten und Athletinnen betreut oder gar gemanagt, vor allem Leichtathleten, aber nicht nur. Viele dieser Athleten wollten unbedingt von Nike ausgerüstet werden, auch wenn dies für sie hiess, einen weniger gut dotierten Vertrag oder gar weniger gut passendes Material zu erhalten. Als Grund gaben sie stets den gleichen an: Ich will auch Teil dieser «Just do it-Gemeinde» sein.
Der Slogan und das daraus resultierende gemeinsame Haltungsziel trugen massgeblich zum beeindruckenden Wachstum von Nike bei. 1989 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 1,7 Milliarden US-Dollar und wurde zum ersten Mal grösster Sportartikelhersteller der Welt. 1995 überschritt Nike erstmals die Umsatzmarke von 4 Milliarden US-Dollar und erreichte einen Nettogewinn von rund 400 Millionen US-Dollar.
Fazit: Haltungsziele können sowohl nach innen als auch nach aussen wirken:
Als CEO der FIFA Marketing AG hatte ich eine grossartige Fairplay-Kampagne ins Leben gerufen – ein Projekt, auf das ich viele Jahre lang stolz war. Besonders die Zusammenarbeit mit UNICEF führte zu eindrucksvollen Bildern, die den Fairplay-Gedanken auf authentische Weise vermittelten.
Doch Haltungsziele müssen gelebt werden. Werden Werte nur propagiert, aber nicht konsequent umgesetzt, führt das unweigerlich zu Vertrauensverlust – und letztlich zum Gegenteil der beabsichtigten Wirkung.
Heute kann ich die FIFA Fairplay-Kampagne nicht mehr als Erfolgsgeschichte präsentieren. Die öffentliche Wahrnehmung der FIFA ist inzwischen so stark von Skandalen und skrupellosem Verhalten ihrer Spitzenfunktionäre geprägt, dass ein Fairplay-Logo bestenfalls ein müdes Lächeln hervorruft. Ein ursprünglich starkes Haltungsziel wurde durch mangelnde Integrität und inkonsequentes Handeln ins Gegenteil verkehrt.
In der heutigen schnelllebigen digitalen Welt, insbesondere in jungen Unternehmen oder kleineren Teams, fehlt oft eine klar definierte Unternehmenskultur. Sich bewusst Zeit zu nehmen, neben Leistungszielen auch die gewünschte Haltung und gemeinsame Werte – also Haltungsziele – festzulegen, ist essenziell, um Vertrauen aufzubauen und ein eingespieltes, leistungsstarkes Team zu formen.
Haltungsziele sind nicht einfach ein „weicher“ Faktor unter vielen, sondern eine strategische Notwendigkeit. Sie bestimmen, wie effektiv Teams zusammenarbeiten, wie Konflikte vermieden werden und ob eine Unternehmenskultur entsteht, die langfristig Erfolg sichert. Wer dies erkennt und in die Praxis umsetzt, wird nicht nur leistungsfähigere, sondern auch resilientere und vertrauensvollere Teams aufbauen.
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